Hygiene beim Tragen von Einmalhandschuhen

Um gegenüber Verbrauchern einen vermeintlich hygienisch sicheren Umgang mit Lebensmitteln zu demonstrieren, ist wieder zunehmend zu beobachten, dass an Fleisch-, Wurst- oder Käsetheken (Feinkost) vom Verkaufspersonal fortwährend Einmalhandschuhe getragen werden.

 

Es stellt sich also die Frage, ob das Tragen von Einmalhandschuhen auch tatsächlich einen Hygienevorteil bringt?

Untersuchungen in Deutschland haben gezeigt, dass das Tragen von Handschuhen an Feinkostbedienungstheken keineswegs hygienischer ist als das Arbeiten mit bloßen Händen unter Verwendung geeigneter Werkzeuge (z.B. Zangen, Gabeln, Folien). Die Studie aus dem Jahr 2007 findet sich hier (Quelle: http://www.bghw.de).

 

Hier ein paar interessante Aspekte aus der Studie:

  1. Im Umgang mit Lebensmitteln an Frischetheken ist die mikrobiologische Situation bezüglich der Keimbelastung beim Hantieren mit und ohne Handschuhen nicht zu unterscheiden. Nur wenn Handschuhe einmalig und weniger als fünf Minuten benutzt werden, ist ein Unterschied zugunsten der Handschuhe gegeben.
  2. Insofern bringt unter praktischen Bedingungen das Tragen von Einmalhandschuhen keinen hygienischen Vorteil und kann daher unterbleiben.
  3. Da die Keimbelastung auf Händen bzw. Handschuhen wesentlich und vorrangig durch Kontaminationen von der Ware und in der Folge durch wiederholte Rekontaminationen bestimmt wird, nimmt das Ausmaß der Gesamtkoloniezahl mit der Zeitdauer zu, dieses wächst insbesondere durch die Häufigkeit der direkten Kontakte mit der Ware und dem Schneidbrett.
  4. Um ein hygienisch sicheres Handling mit der Ware zu gewährleisten, ist daher primär jeglicher Kontakt zu vermeiden und/oder die Kontakthäufigkeit bzw. Anzahl der Kontaminationen pro Zeit deutlich zu reduzieren.
  5. Dieses Ziel ist einerseits durch eine konsequente Vermeidungsstrategie zu erreichen, indem in erster Linie eine trainierte, bewusste und erkennbare Arbeitstechnik im Umgang mit der Ware vom Verkaufspersonal praktiziert wird.
  6. Dazu stehen die i. d. R. hinlänglich vorhandenen Hilfsmittel, wie z. B. Gabeln, Wursthalter, Greifzangen, Löffel, Papier, Folien, Tüten, Behältnisse etc., zur Verfügung, mit deren bewusster Benutzung diese Arbeitstechnik realisierbar wird.
  7. Die für einen sicheren Umgang mit Lebensmitteln notwendigen Hygienemaßnahmen erfordern andererseits eine redlich praktizierte Händehygiene, um insbesondere eine saubere und gesunde Haut der Hände zu gewährleisten. Dies bedingt ebenso und zwangsläufig die Integration persönlicher Hautschutzmaßnahmen. Einer wesentlich durch Feuchtarbeit bedingten Hautgefährdung des Verkaufspersonals ist daher zu begegnen, indem primär auf das Tragen von Handschuhen an Frischetheken verzichtet wird und darüber hinaus konsequent persönlicher Hautschutz (Schutzcremes), vorzugsweise in Verbindung mit zwingend erforderlichen Händewaschungen, betrieben wird.
  8. Wie bereits nachgewiesen, wird die mikrobiologische Situation auf der Haut der Hände durch die Anwendung von Hautschutzcremes nicht beeinflusst.
  9. Insbesondere hat sich an Frischetheken das unverzichtbare und fortwährend gebrauchte Schneidbrett als mikrobiologisch relevante Drehscheibe für Kontaminationen erwiesen und stellt somit einen kritischen Kontrollpunkt in Bezug auf die Hygiene dar. Da sich die in bislang bewährter Art und Weise üblichen Zwischenreinigungen der Schneidbretter als unzureichend erweisen, sind
  • entweder kürzere Reinigungsintervalle bzw. häufigere Reinigungen mit einem deutlich höheren Maß an wirksamer Keimreduktion durch Dekontaminationsmaßnahmen
  • oder ein häufigerer Wechsel bzw. der Gebrauch einer vermehrten Anzahl von Schneidbrettern pro Tag erforderlich.

 

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat diese Studie im Jahr 2009 zum Anlass genommen und hat per Erlass die Arbeitsinspektoren angewiesen Handschuhe nur dann einzufordern, wenn es tätigkeits- bzw. produktionsbedingt unbedingt erforderlich ist.

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